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R 1/15 - Petitioning for review of an insufficiently substantiated decision


In this petition for review, the petitioner (being the patent proprietor) asserts that the Board of Appeal relied in their decision on common general knowledge which the proprietor was unable to comment on. As such, the petitioner asserts that a fundamental violation of Article 113 occurred, which would be a valid ground for petition for review in accordance with Art. 112a(2c) EPC.

However, the Enlarged Board of Appeal concludes that the petition essentially is based on the assertion that the Board of Appeal insufficiently substantiated their decision, which is not one of the grounds for petition for review as enumerated by Art. 112a EPC. With reference to R 1/08 and R 22/10, the EBoA does acknowledge that while an insufficiently substantiated decision is in itself not a valid ground for petition for review, it may serve as  proof of the BoA not acknowledging a presentation of a party or taking such presentation into account in their decision-making process. The petitioner failed to assert such a violation. As such, the petition for review is deemed unallowable.

Entscheidungsgründe
Artikel 113(1) EPÜ bestimmt, dass Entscheidungen des Europäischen Patentamts nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Gründe sind dabei die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die sich die Entscheidung stützt (siehe hierzu Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage, III.B.2.3.2). Im vorliegenden Fall wird gerügt, dass die Beschwerdekammer sich in ihrer Entscheidung auf Fachwissen und daraus abgeleitetes fachmännisches Handeln gestützt hat, zu dem sich die Patentinhaberinnen nicht haben äußern können. Die Große Beschwerdekammer stellt jedoch fest, dass das als nicht in das Verfahren eingeführte Fachwissen bereits Gegenstand der angefochtenen Entscheidung war und somit nicht mehr gesondert zur Wahrung des rechtlichen Gehörs der Patentinhaberinnen in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden musste.

3.1 In der Entscheidung hat die Kammer zwei Unterschiede zum Stand der Technik gemäß Dokument E4 gesehen:

(i) Die Art des Explosionsschutzes wird durch die Angabe der europäischen Normen aus dem Jahr 1994 mit den entsprechenden Schutzklassen Ex-d, Ex-e und Ex-i spezifiziert.

(ii) Ein Anschlusselement ist in dem gekapselten Raum angeordnet.

3.2 Diese Unterschiede lösen nach Auffassung der Beschwerdekammer zwei getrennte Aufgaben. Zur Begründung des Naheliegens wird dabei folgendes fachmännische Handeln angenommen:

Teilaufgabe (i): (Vergleiche hierzu das als nicht eingeführt gerügte Fachwissen V.(i) und (ii).) Für einen Fachmann, der die Lehre des Dokuments E4 am Anmeldetag umsetzen wollte, sei es selbstverständlich, den in E4 angegebenen Explosionsschutz gemäß der entsprechenden europäischen Norm auszuführen.

Elektronik und deren Versorgung würden daher nach der Schutzklasse Ex-i (eigensicher – EN 50 020 (1994)) und die Kapsel druckfest nach der Schutzklasse Ex-d (EN 50 018 (1994) oder sandgefüllt nach der Schutzklasse Ex-q ausgeführt.

Teilaufgabe (ii): (Vergleiche hierzu das als nicht eingeführt gerügte Fachwissen V.(iii).) Die Anordnung eines Anschlusselements in der Kapsel könne deshalb erfolgen, weil der Fachmann, der nach einer kompakteren Bauweise suche, sehe, dass eine Sandfüllung nicht mehr zwingend sei. Die Kapsel kann also genauso leicht geöffnet werden, wie der explosionsgeschützte Klemmkasten in E4. Der Fachmann erkennt, dass er das in dem gesonderten Klemmkasten angeordnete Anschlusselement auch direkt in die explosionsgeschützte Kapsel integrieren kann, ohne die einfache Lösbarkeit der Kapsel zu verlieren.

3.3 Die angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung

Die Spezifikation des Explosionsschutzes nach den europäischen Normen aus dem Jahr 1994

3.3.1 Die einschlägige Textstelle zur Spezifizierung der Art des Explosionsschutzes durch die Angabe der europäischen Normen aus dem Jahr 1994 mit den entsprechenden Schutzklassen Ex-d, Ex-e und Ex-i ist die folgende:

„4.2 Mit Bezug auf die im Anspruch des Patents erwähnten Normen EN 50 018 und EN 50 020 aus dem Jahr 1994: In E4 geht es um die Erfüllung von Schutzbestimmungen (Sp.1, Z.59); dass die Bezeichnung „druckfest“ bzw. „eigensicher“ entsprechende, geltende Ex-Norm eingehalten wird, ist implizit offenbart.“

Implizite Offenbarung und Naheliegen sind im vorliegenden Fall derart eng verwoben, dass von einer umsichtigen Partei zu erwarten ist, dass sie auf beide Gesichtspunkte eingeht. Implizite Offenbarung ist im vorliegenden Zusammenhang so zu verstehen, dass ein Fachmann, der das Dokument E4 liest, sofort erkennt, dass dessen Lehre nur gemäß den im zeitlichen Kontext geltenden europäischen Normen ausgeführt werden kann. Ein Naheliegen wäre etwa dann gegeben, wenn der Fachmann die Lehre des Dokuments im Hinblick auf die am Anmeldetag geltenden europäischen Normen weiter entwickeln wollte, ohne dabei ausdrücklich auf technische Details einzugehen. Beide Ansatzpunkte verlangen zu ihrer Widerlegung ein Eingehen auf die technischen Besonderheiten und Implikationen der im Anspruch explizit genannten europäischen Normen um deren Bedeutung für die Erfindung zu erklären.

Die Integration des Klemmkastens

3.3.2 Die einschlägigen Passage für die Annahme, dass der Fachmann erkennt, dass er das in dem gesonderten Klemmkasten angeordnete Anschlusselement auch direkt in die explosionsgeschützte Kapsel integrieren kann, ohne die einfache Lösbarkeit der Kapsel zu verlieren, lautet:

„4.5.1 Das damit zu lösende Problem kann darin gesehen werden, das Gerät nach E4, Abb. 1, kompakter zu gestalten.

4.5.2 Der Fachmann erfährt aus E4 selbst, dass die Ausführung nach Abb. 1 den besonderen Vorteil bietet, dass das als Klemmkasten ausgebildete Anschlusselement separat von der Versorgungseinheit geöffnet werden kann (E4, Sp. 2, Z.32-38). Da der Fachmann jedoch auf der Suche nach einer kompakteren Ausführungsform des Geräts ist, und daher diesen Vorteil des speziellen Ausführungsbeispiels der E4 nicht für wesentlich hält, ist es für ihn naheliegend, den Anschluss der Versorgungskabel zusammen mit der Versorgungseinheit innerhalb der Kapsel 11 vorzunehmen und das Anschlusselement in die Kapsel 11 aufzunehmen.

4.5.3 Eine solche Lösung wird weiterhin durch Anspruch 1 von E4 unter Berücksichtigung von Anspruch 2 nahegelegt:

Anspruch 1 offenbart die allgemeine Lehre von E4, nämlich die Trennung der eigensicheren Elektronikteile von den Hochleistungsteilen, die in einem druckfesten Raum angeordnet werden müssen. Demnach muss die Versorgungseinheit in der druckfesten Kapsel 11 angeordnet sein, also getrennt von der Auswerteelektronik.

Aus der Lehre des Anspruchs 1 unter der Betrachtung von Anspruch 2 würde der Fachmann entnehmen, dass der Klemmkasten 8 nicht notwendigerweise außerhalb der Kapsel 1 angeordnet werden muss. Die naheliegende Alternative ist, dass die Verbindung zur Stromversorgung nahe an der Versorgungseinheit stattfindet, also in der Kapsel. Aus diesen Gründen würde der Fachmann das Anschlusselement innerhalb der Kapsel einordnen und dabei das technische Problem eines kompakten Geräts lösen, ohne erfinderisch tätig zu werden.“

Die zitierte Stelle der Entscheidung der Einspruchsabteilung zeigt die Bedeutung, die die Einspruchsabteilung der Tatsache zugemessen hat, dass die nun mögliche druckfeste Ausbildung der Kapsel es ermöglicht, den Klemmkasten zusammen mit der Auswerteelektronik dort unterzubringen. Dem ist die Beschwerdekammer im Prinzip gefolgt. Die Antragstellerinnen weisen darauf hin, dass das immer schon möglich war. Es kann dahin stehen, ob dies objektiv zutreffend ist. Jedenfalls kann im Verfahren nach Artikel 112a EPÜ die sachliche Interpretation des Anspruchs und des Stands der Technik durch die Antragstellerinnen nicht an die Stelle der Bewertung durch die Beschwerdekammer gesetzt werden. Nach dem Verständnis der Beschwerdekammer eröffneten die neuen Normen die Möglichkeit der Unterbringung von Klemmkasten und Auswerteelektronik in einer druckfesten Kapsel. Durch den Wegfall der Sandfüllung entfiel damit implizit auch das Hindernis der einfachen Lösbarkeit. Deshalb wäre bereits die Entscheidung der Einspruchsabteilung Anlass gewesen, auf die technischen Besonderheiten und Schlussfolgerungen, etwa so wie in der mündlichen Verhandlung vor der Großen Beschwerdekammer gezeigt(siehe oben XX.), hinzuweisen und diese zu erläutern.

3.4 Soweit die Antragstellerin andere Unterschiede zwischen Erfindung und Stand der Technik sieht (siehe oben IV.), als sie die Beschwerdekammer angenommen hat, betrifft dies die die Anwendung materiellen Rechts. Sie kann mit dieser Argumentation im Verfahren nach Artikel 112a EPÜ nicht gehört werden (vergleiche R 10/14, Punkt 2.5 mit weiterem Nachweis).

3.5 Die Rüge fehlender Begründung (siehe oben VI.) kann im Überprüfungsverfahren nicht als solche geltend gemacht werden, weil sie nicht in der abschließenden Aufzählung der Überprüfungsgründe des Artikels 112a(2) EPÜ enthalten ist (vergleiche R 10/14, Punkt 2.5). Eine fehlende Begründung ist im Überprüfungsverfahren nach Artikel 112 a EPÜ nicht an sich (siehe R 1/08, Punkt 2.1), sondern nur dann beachtlich, wenn sie als Beleg dafür gelten kann, dass relevanter Sachvortrag einer Partei von der Beschwerdekammer nicht zur Kenntnis genommen oder dieser bei der Entscheidungsfindung nicht erwogen wurde (siehe hierzu R 22/10, Punkt 6). Ein Verstoß dieser Art ist hier nicht behauptet worden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Der Überprüfungsantrag wird als unbegründet zurückgewiesen.

This decision R 0001/15 (pdf) has European Case Law Identifier:  ECLI:EP:BA:2016:R000115.20160603. The file wrapper can be found here. Photo "VIOLATION" by Egan Snow obtained via Flickr under CC BY 2.0 license (no changes made).

Comments

  1. Regularly petitioners attempt to reopen the discussion on the substance during the revision procedure. The Enlarged Board reacts quit strongly about those attempts, and they are therefore as a rule doomed to fail.

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    1. Do you mean the petitioner in the current case made such an attempt?

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